Das gute Leben

Zum EU-Lateinamerika-Gipfel begaben sich 15 SpitzenpolitikerInnen der 27 Mitgliedsstaaten. Nicolas Sarkozy blieb lieber zu Hause. Wegen seines ökologischen Fußabdrucks, wie er NICHT sagte.

Klimaschutz und Armutsbekämpfung waren angesagt beim 5. EU-Lateinamerika-Gipfel. Zu Nicolas Sarkozy sagten sich GewerkschafterInnen des französischen Arbeitsamts ANPE an. Nicolas wurde bei der persönlichen Konfrontation amikal, beinahe zärtlich. Zur hörbaren Unfreude des ebenfalls anwesenden Geliebten, wie die Online-Ausgabe von Le Monde berichtet.
Der Macho Hugo aus Venezuela reichte der deutschen Nahrungsmittel-Expertin Angela nur züchtig die Hand, für mehr spontanen Körperkontakt reichte die Zuneigung wohl nicht. Damit wäre auch das wesentlichste Ergebnis des interkontinentalen Treffens gesagt. Wäre mehr zu sagen, hätte Hugo französischen Charme und angeboten, Naomi vorzustellen? Man wird es nie erfahren.

Benito braucht man nicht vorzustellen. Der verstorbene Bundespräsident Klestil wollte bis zuletzt nicht wissen, dass die nunmehrige EU-Kommissärin Ferrero-Waldner tatsächlich Benita heißt. Benito hat sicher in der Hölle seine Freude mit seinen pogromfreudigen Enkelkindern. Dioxine mit Tomaten essen macht offensichtlich auch krankhaft bösartig. Die politischen Zustände in Italien kümmern die europäischen Demokratie-PädagogInnen wenig. Auch nicht der Umstand, dass der Verfassungsschutz von Angela Merkel die Linkspartei wegen einer parteiinternen kommunistischen Plattform überwacht. Oder dass Reporter ohne Grenzen die Pressefreiheit in der Slowakei gefährdet sieht.

Benita, die über sich im Wahlkampf plakatierte, 101 Sprachen zu sprechen – nein, nicht gleichzeitig -, richtete über DW TV dem Bruder des Hugo-Freundes Fidel aus, dass die EU sich überzeugen ließe, negative Maßnahmen gegen Kuba zu streichen, wenn der Raoul positive Maßnahmen setzt. Zu Benitas Glück hat sich die EU bei ihren Sanktionen gegen die rechts-rechte Regierung in Österreich nicht zu dieser schwarzen Demokratie-Pädagogik hinreißen lassen.

Evo Morales und Hugo Chavez in Wien
Evo Morales und Hugo Chavez in Wien

Die Verhältnisse sind doch andere. Die EU ist größter Investor und zweitwichtigster Handelspartner in Lateinamerika. Man kann die Verantwortung, die man deswegen spürt, fast greifen. Und was macht Evo? Evo geht zum alternativen Gipfel und spielt Fußball. Würde sich Evo mit besseren Spin Doktoren umgeben, wäre das nicht passiert. Und Evo müsste sich nicht von seinem peruanischen Amtskollegen Schelte anhören, nur die Armut zu verwalten. Aber das rührt sicher vom Kokablätterkauen, diese Hyperaktivität der armen Indios.

Gut möglich, dass Evo über eine Liberalisierung des Koka-Handels gesprächsbereit wäre. Da hat er aber das ganz falsche Produkt im Angebot. Lieber spräche man mit einem der wenigen Vernünftigen über den zollbefreiten Import von ethanolisierten Regenwäldern ins mobilitätsbedrohte Europa. Beide brasilianischen Wälder, die Umweltministerin Silva und der Präsident Silva, schwören im Gegensatz zum früheren österreichischen Verkehrsminister Hubert, der sich über die Smallheit seines Landes in halb Europa beschwerte, dass ihr Land alles andere als „too small“, nämlich too big sei, als dass Regenwald in Autotanks abgefüllt werden müsste.

Unter Berücksichtigung unserer 4000jährigen Tradition des Humanismus wollen wir das gerne einmal glauben. Ohne Sokrates, Aristoteles und Kant, wo stünde Europa, die ganze Welt? Wo unsere Vorstellungen von gutem Leben?

Toma Huanacu vom Nationalen Rat von Ayllus y Markas del Qullasuyos (Bolivien) fordert uns heraus: „Was kommt nach dem Neoliberalismus? Die Täuschung des Sozialismus? Wir müssen Sokrates, Aristoteles und Kant aus unseren Köpfen bringen und die Weisheit unserer Großeltern, das Wissen aus unserer Vergangenheit hinein.“ (Antworten auf die Krise des Fortschritts beim 3. alternativen EU-Lateinamerika-Gipfel).

Umweltministerin Silva hielt dem Druck der Großgrundbesitzer nicht mehr stand und dankte ab.

Ich geh jetzt Fußball spielen.

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