Greenhorn

Homeless - Adressenlos - Wohnungslos
Homeless – Adressenlos – Wohnungslos

Die Regierung ist gescheitert. Endlich, ist man versucht zu sagen. Zuvor scheiterte bereits die Opposition.

Paradox. Je ähnlicher die Parteien in ihren realpolitischen Vorstellungen werden, desto intransigenter werden sie. Wenn eine Partei nicht mehr imstande ist zu erklären, warum ihre Position die einzig glückselig machende sein soll, wird sie unverhandelbar. Und aus diesem Versuch der Verabsolutierung, der Verspiritualisierung soll klar gemacht werden, dass diese Position eine naturgegebene ist. Natürlich.

Die Differenz ist Maria.

Sucht man nach den Differenzen dieser unversöhnlichen Standpunkte, bleibt man ratlos. Papst oder nicht Papst. Jungfräulichkeit ja, nein, weiß nicht. Wenn kümmert’s. Klientelpolitik, ein diffamierendes Wort, nicht mal das findet statt. Eine hervorragende Ausgangsposition für parlamentarische Oppositionelle, möchte man meinen.

Veramerikanisierung

In einer amerikanischen Stelle für Adressenlose kam ich Mitte der 90er Jahre mit einem Mann zu sprechen. Wie so oft im Leben war es ein Zufall und die Bereitschaft, sich auf Zufälle einzulassen. Ein deutscher Zivi, der in dieser franziskanischen Privatinitiative seinen Dienst ableistete, ein paar Tage im Mittelwesten urlaubte, lud mich auf einen Besuch ein, und ich nahm an.
Mein Gesprächspartner war weiß, eine farbige Minderheit unter den Obdachlosen. Und er war keiner der unzähligen gescheiterten Polen auf der Suche nach dem Paradies. Er war um die 40. Kriegsveteran. Psychisch schwer krank, wie ich im Verlauf des Gesprächs erfuhr. Bill Clinton hatte in Chicago einen seiner letzten großen Auftritte vor der Wahl. Mit einem Van fuhren wir zum Bahnhof und holten essbare Reste vom Wahlkampfbuffet, um sie für eine Abendmahlzeit vorzubereiten.

Keine Ahnung, was damals genau abgeholt wurde. Aber es war paradox. In einer fabrikähnlichen Halle wurde Menschen, die die Abgründe der menschlichen Existenz längst überschritten, Essen aufgetischt, das den Luxus dieser Welt repräsentiert. Self service.

Not intoxicated

Einen Platz für die Nacht erhielt nur, wer offensichtlich nicht unter dem Einfluß irgendwelcher Substanzen stand. Eine schwierige Unterscheidung. Mit dem weißen, früheren Mittelstands-Amerikaner kam ich, weil ich ein Plastikfläschchen Whisky dabei hatte. Typisch Europäer. Wie die Krankenversicherung. Clinton sprach doch immer davon. Eine allgemeine Krankenversicherung wie in Europa. Der weiße, frühere Mittelstandsamerikaner, meinte nur: Pah!

Scheitern heißt leben lernen

Clinton scheiterte. Beide Clintons scheiterten. Joschka Fischer ging mit Turnschuhen hinein und kam in Lackschuhen heraus, schreibt Bruno Preisendörfer in der aktuellen Le Monde diplomatique. Das ist erfolgreich. Die österreichischen Grünen sind ihrem Selbstbild ebenfalls erfolgreich. Sommerlochbedingt durfte ich gestern Abend einem Fernseh-Interview von Alexander van der Bellen beiwohnen. Einem unangenehm berührten Lächeln folgte das nächste. Studien-Gebühren abschaffen. Ein Ziel, ja. 2006 noch eine Bedingung! Pause. Noch ist nicht gewählt. Sie geben’s billiger! Nein, aber man soll sich nicht auf Standpunkte festlegen, die man nachher nicht mehr verhandeln kann.

Eigentlich schade, im westlichen Demokratie-Entwurf nicht auch die Opposition abwählen zu können.

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