Wo Geschichte von unten lebt

Fünfzig Jahre ist es her, dass die italienische Zivilgesellschaft eine Koalition aus Christdemokraten und Neofaschisten zum Abdanken zwang und die erste Mitte-Links-Regierung ermöglichte. Geschichte einer Tradition des Widerstands gegen die Rechte, die in der Stadt Reggio Emilia lebt.

 

Das Ei in Reggio Emilia
Das Ei in Reggio Emilia

Als Jahr der Tambroni-Krise sollte 1960 in die italienische Geschichte eingehen: Fernando Tambronis christdemokratische Minderheitsregierung war ohne Unterstützung der Monarchisten und Neofaschisten nicht mehrheitsfähig.

Als die faschistische Partei MSI ihren Parteitag in Genua, einer der Hochburgen des Widerstands im zweiten Weltkrieg, abhalten wollte, protestierten GegnerInnen in ganz Italien. Nach polizeilichen Angriffen auf Demonstrant_innen wurde in mehreren Städten Oberitaliens der Generalstreik ausgerufen. Auseinandersetzungen mit der Polizei folgten. Schließlich mussten nicht nur die Neofaschist_innen aus Genua abziehen, auch die Regierung Tambroni war erledigt, und die „rechte Alternative“ hatte eine Abfuhr erhalten. Die nächste Regierung kam aus dem mittleren und linken Lager.

Aufstand der Zivilgesellschaft

Die Erinnerung an 1960 ist fünfzig Jahre später immer noch lebendig. Viele Italiener_innen haben selbst an den Aufständen teilgenommen. In der Stadt Reggio Emilia gedenken am 7. Juli einige Familien eines persönlichen Verlusts von Angehörigen: Polizisten erschossen damals fünf Männer (Lauro Ferioli, Ovidio Franchi, Emilio Reverberi, Marino Serri und Afro Tondelli), die an einer nicht genehmigten Demonstration auf der Piazza della Libertà teilgenommen hatten. „Zwei der Demonstranten versuchten, vor den Schüssen der Polizei in der Kirche Zuflucht zu suchen, doch der Pfarrer hat ihnen die Türe vor der Nase zugeschlagen. Die anderen wurden im Park und auf dem großen Platz ermordet“, erzählt Matthias Durchfeld, der am Institut Istoreco arbeitet, das sich der Aufarbeitung italienischer Geschichte und insbesondere des italienischen Widerstands im zweiten Weltkrieg widmet. Er ergänzt: „Zwei,  von ihnen haben als Partisanen den Kampf gegen die deutschen Faschisten überlebt, nicht aber diese Demonstration in Friedenszeiten.“ Heute erinnert ein steinernes Ei auf dem Platz an die Namen der fünf Ermordeten und den Aufstand der Zivilgesellschaft gegen das Regime.

Topografie der Erinnerungen

Nur ein paar Schritte trennen das Ei vom Denkmal für den Widerstand im zweiten Weltkrieg. „Die Topografie der Erinnerungen ist dicht in der Gegend, Geschichte in Italien nach wie vor präsent“, sagt Durchfeld. Auch die Mitglieder des Partisanenverbands ANPI tragen durch ihre eigene öffentliche Präsenz dazu bei, dass die Erinnerung an den Kampf gegen den Faschismus in den Köpfen der Menschen bleibt. Vielleicht kein Zufall, dass ausgerechnet von Reggio aus jährlich die antirassistische Fußballweltmeisterschaft Mondiali Antirazzisti organisiert wird, und dass die Region eine der Verteilerzentren der neuen unabhängigen Tageszeitung Il Fatto Quotidiano ist.

Vielleicht kein Zufall, sondern Resultat lebendiger Geschichte.

GENUG IST GENUG

http://www.sosmitmensch.at/stories/2641/

Arigona Zogaj und ihre Familie sollen bleiben!

Für eine menschenwürdige Politik!

Demonstration: Donnerstag, 1. Juli 2010, 18.30 Uhr, Heldenplatz

 

http://www.resistenza.de

Informative Seite zum Widerstand gegen den Faschismus in Italien

Und das muss an dieser Stelle auch sein – mit oder ohne goldenem Adler drauf:

http://www.youtube.com/watch?v=oDkubyvyRKY Advanced Chemistry – Fremd im eigenen Land

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