Grenzregime töten

Monument für Annie Moore, die 1892 als erste Person über das Migrationsamt Ellis Island, NY, in die USA einreisen konnte (Cobh, Irland)
Monument für Annie Moore, die 1892 als erste Person über das Migrationsamt Ellis Island, NY, in die USA einreisen konnte (Cobh, Irland)

Tote Geflüchtete in einem LKW lösen wieder einmal Trauer und Bestürzung aus. Die öffentlichen Wortmeldungen erinnern an die große Schiffskatastrophe vor Lampedusa, als mehr als 800 Menschen Opfer der Festung Europa wurden.

Stereotyp sind die Schuldigen rasch identifiziert: Rassist_innen sind sich nicht zu schäbig, die Refugees selbst für ihr Sterben verantwortlich zu machen und die an den rechtsextremen Rand abgedriftete politische Mitte macht Fluchthelfer_innen für den Tod verantwortlich.

Martialismus wird als notwendig erachtet, wenn politisches Versagen kaschiert werden soll: Das Zeitalter des Kampfes gegen die Flüchtlingskrise ist ausgerufen.
Eine klassische Verdrehung der Tatsachen. „Grenzregime töten“ weiterlesen

Fernand Melgar und Monika Mokre im Gespräch zur Situation von Geflüchteten in Europa

„Es ist ein Krieg. Ein stiller Krieg“, sagte der Filmemacher Fernand Melgar über die Migrationspolitik Europas anlässlich der Präsentation seines Filmes Vol Spécial („Ausschaffungsflug“ oder „Abschiebeflug“) über die menschenunwürdige Situation von Refugees in einem Schweizer Abschiebeknast im Wiener Filmcasino.

Dieser „stille Krieg“ gegen Flüchtende und Migrant_innen hat viele unterschiedliche Nuancen: Unterlassene Hilfeleistung und Push-Backs im Mittelmeer, Haft, Kriminalisierung, Drangsalierung und offener Hass am europäischen Kontinent.

Wir erinnern uns daran, dass die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner im Zuge der Verfolgung von Refugees wegen angeblicher Fluchthilfe folgendes von sich gab: „Wenn es etwa Probleme mit schwangeren Frauen auf der Schlepperroute gab, dann wurden diese Frauen hilflos auf der Route zurückgelassen.“ (Quelle: orf.at).

Wir erinnern uns daran, dass das Bundeskriminalamt damals von Ermittlungen gegen eine „große kriminelle Organisation“ sprach.

Wir erinnern uns daran, dass einige Refugees, die kommenden Donnerstag von einer gerichtlichen Verurteilung bedroht sind, aktiv an den Wiener Refugee Protesten beteiligt waren, und dass die Innenministerin auf mehr als nur berechtigte Forderungen wie Bewegungsfreiheit oder Arbeitsmöglichkeiten mit beharrlicher Verweigerung reagierte.

Und wir erinnern uns daran, dass im Zuge einer politisch fehlgeleiteten Islamismuskritik, die zum größten geheimpolizeilichen Einsatz in der Geschichte der Republik führte, ebenjene Innenministerin davon sprach, dass Repression notwendig sei.

Im folgenden ein übersetztes Transkript eines Gesprächs zwischen Fernand Melgar und Monika Mokre, initiiert von KulturHorizonte vom 12. Oktober 2013.

Read more from the discussion between Fernand Melgar and Monika Mokre, organized by KulturHorizonte on 12 October 2013. English version (short) below:

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Sein Verbrechen: Fluchthilfe für 100 Refugees

Für das Kind - Vienna, Monument von Flor Kent am Westbahnhof zur Erinnerung an die Flucht von 10.000 Kindern
Für das Kind – Vienna, Monument von Flor Kent am Westbahnhof zur Erinnerung an die Flucht von 10.000 Kindern

“Wir haben nicht seit zwanzig Jahren mit dem Mittel der Fremdenpolizei gegen die Zunahme der Überfremdung und ganz besonders gegen die Verjudung der Schweiz gekämpft, um uns heute die Emigranten aufzwingen zu lassen.” Heinrich Rothmund, Chef der Schweizer Fremdenpolizei, Jänner 1939.

Wie wir alle wissen, wiederholt sich Geschichte nicht. Vielmehr scheint Geschichte ein ständig reproduzierter Zustand zu sein, ein scheinbar amorphes Gebilde, deren Eigentümer_innen mit Bedacht an steten Projektionsänderungen arbeiten, ohne tatsächliche Veränderungen zuzulassen.
Am Ende steht vielleicht die Erkenntnis, dass die Abschaffung der Geschichte, ihr radikaler Ersatz durch ein Hier und Jetzt, die Hauptbedingung für ein gutes Leben für alle ist.
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