Die Polizeistaatsspirale dreht sich immer schneller

DNA orbit animated small
Die Forderung der Wiener Refugees nach Löschung ihrer Fingerabdrücke geht uns alle an.
Nicht aus Überzeugung, Empathie oder caritativem Mitleid, sondern weil hier Fakten geschaffen und ein Commitment erzeugt werden, die sich immer stärker verselbständigende polizeilich-militärische Apparate benützen, um den totalen Überwachungsstaat durchzusetzen.

Das betrifft uns alle und beseitigt unseren demokratischen Rechtsstaat. Nicht erst morgen, sondern bereits heute.

Die Zeit, die wir uns für ein Mittagessen gönnen, braucht die Regierung um deine DNA zu identifizieren und ein Profil zu erstellen, das dich und deine Familienangehörigen identifiziert.

Ermöglicht wird dies von Rapid DNA-Scannern in der Größe eines Laserdruckers. Diese Technologie wird derzeit auf dem US-amerikanischen Markt aggressiv beworben. Jede Polizeidienststelle, jede Verwaltungs- und Regierungsstelle soll sich ein solches Teil zulegen und eine Datenbank aufbauen.

Wie die Electronic Frontier Foundation (EFF) heute berichtet, soll diese Technik eingesetzt werden, um Refugees zu identifizieren und soll so bei Asylverfahren unterstützen.

Wie die EFF schreibt, plant die United States Citizenship and Immigration Services (US-Ausländer_innenbehörde) jedoch bereits jetzt – entgegen den Empfehlungen des UNHCR – einen viel breiteren Einsatz.

Das DNA-Profil soll nicht nur von Refugees, sondern von allen Immigrant_innen, auch von Kindern, gessammelt werden und in der Verbrecher_innen-DNA-Datenbank des FBI gespeichert werden. Zudem ist vorgesehen, diese Daten auch gerne mit der gesamten Polizeistaats-Welt zu teilen.

Der Kriminalisierung der gesamten Gesellschaft wird hier in riesigen Schritten Vorschub geleistet. Alle sind potentielle Verbrecher_innen.

Diese Entwicklung wird derzeit auch von der Europäischen Union stark forciert.

Hier ein Auszug eines Statements von Pro Asyl:

„Als „Eurodac“ geschaffen wurde, hieß es, die Fingerabdruck-Datei diene allein dazu, festzustellen, welcher EU-Staat für ein Asylgesuch zuständig sei. Im Dezember akzeptierte der Innenausschuss des EU-Parlaments, dass die Daten künftig auch für Polizeibehörden zur Verfügung stehen. Das Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung wird weiter eingeschränkt – und sie werden als potentielle Straftäter_innen stigmatisiert.

Nach der bisherigen Rechtslage war die Durchsetzung der Dublin-Verordnung der einzige Zweck der Fingerabdruck-Datenbank. Mit der nun von den Sozialdemokraten, Liberalen und Konservativen angenommenen Neufassung der EURODAC-Verordnung wird die klare Zweckbindung der Datei aufgehoben. Nun dürfen auch Polizeibehörden auf die Fingerabdrücke der Flüchtlinge zugreifen.

Damit wird nicht nur das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen beschnitten. Der europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx hatte gewarnt, die Gesetzesänderung berge ein „Risiko der Stigmatisierung“. Menschen, die in Europa Schutz suchen, werden durch die neue Eurodac-Verordnung unter Generalverdacht gestellt, kriminell zu sein.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung bereitet die EU-Kommission bereits eine weitere Verordnung vor, nach der nicht nur von Flüchtlingen, sondern von sämtlichen EU-Ausländern Fingerabdrücke genommen und gespeichert werden sollen.“

Was sich hier wieder einmal zeigt, ist jene Strategie, die von den Herrschenden seit Ewigkeiten eingesetzt wird und immer noch hervorragend funktioniert.

  • Man sucht sich das schwächste Glied einer Kette, am besten für andere kaum sichtbar und testet die Reaktion.
  • Die Methode, die den geringsten Widerstand seitens des bekämpften Glieds erzeugt UND mit der größtmöglichen Anschlussmöglichkeit für die restlichen Glieder wird ausgewählt.
  • Man sucht sich das zweit-, drittschwächste und so fort Glied der Kette und setzt dieselbe wieder Methode ein.
  • Am Ende sind alle Glieder gebrochen.

Erfolgreiche Beispiele:

Der Militärputsch in Chile Anfang der 1970er Jahre, der von den Neocons in den 1960er-Jahren in die Wege geleitet wurde, und die Implementierung all ihrer neoliberalen Ideen ist ein Beispiel auf staatlicher Ebene. Großbritannien (Bergarbeier_innenstreik), Südkorea, Argentinien (Spekulationskrisen) usw. folgten. Heute siehe Griechenland, Spanien, Portugal, Baltikum etc.
Anschlussmöglichkeiten: Kampf gegen den Kommunismus (Chile), Sanierungsnotwendigkeit bankrotter Staaten (There is no alternative), Patriotismus

Der Umbau der Arbeitswelt von Arbeitsplätzen mit Rechten in einen rechtlosen Zustand permanenter und unterbezahlter Unsicherheit. Getestet und für erfolgreich befunden in allen Schwellenländern dieser Welt. Heute auch Alltag in Europa.
Anschlussmöglichkeiten: Standortwettbewerb, Unternehmenswettbewerb, Arbeitsplatzwettbewerb, soziale Hängematte

Der Kampf gegen den Terror. Umfangreich getestet in z.B. in Kolumbien, Nordirland, in den strategisch wichtigen Failed States am Horn von Afrika. Methoden: Wiedereinführung von halbprivaten Söldner_innen-Armeen, Geldflussüberwachung, Videoüberwachung, Kommunikations- und Bewegungskontrollen, biometrische Erfassung, unbemannte Drohnen, Schallkanonen. Massiv eingesetzt in Pakistan, Großbritannien. Kommt nun in die USA, nach Europa und Japan. Tabubrüche, die der Einsatz von Drohnen provoziert: Außerkraftsetzen rechtsstaatlicher Verfahren. Willkürliche Todesstrafe. Auch für polizeiliche Einsätze (Crowd Control)
Anschlussmöglichkeiten: Terrorgefahr, Islamgefahr, Einsparpotenziale, Sicherung stabiler und sicherer Verhältnisse, Kampf gegen Verbrechen, Steuerhinterziehung, illegale Grenzübertritte, Katastropeneinsätze, Verkehrsstauwarnungen

Der Geograph Stephen Graham konstatiert in seinem Buch Cities under Siege (erschienen bei Verso) eine durchgängige Militarisierung unserer Gesellschaften:

„Fundamental to the new military urbanism is the paradigmatic shift that renders cities‘ communal and private spaces as well as their infrastructure – along with their civilian populations – a source of targets and threats. This is manifest in the widespread use of war as the dominant metaphor in describing the perpetual and boundless conditions of urban societies – at war against drugs, against crime, against terror, against insecurity itself. This development incorporates the stealthy militarization of a wide range of policy debates, urban landscapes, and circuits of urban infrastructure, as well as whole realm of popular and urban culture. It leads to the creeping and insidous diffusion of militarized debates about ’security‘ in every day life.“

Was tun? frage ich meine_n aus verkehrstechnischen Überlegungen praktizierende Elefantenanbeter_in: We will either find a way or make one.

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