Die Toten und deren Träume am Leben erhalten

"In Erinnerung an die, die für unsere Freiheit ihr Leben gaben". Memorial an die ermordeten Anarchist_innen von Casas Viejas.
„In Erinnerung an die, die für unsere Freiheit ihr Leben gaben“. Memorial an die ermordeten Anarchist_innen von Casas Viejas.

Am 10. Januar 1933 wurde in dem andalusischen Dorf Casas Viejas der libertäre Kommunismus ausgerufen. Der Großgrundbesitz wurde auf die Tagelöhner_innen aufgeteilt. Die Armut, der Hunger und die soziale und ökonomische Gefangenschaft schienen besiegt.
88 Jahre später hat sich wenig geändert. Die Latifundien gehören so wie damals dem Großgrundbesitz der adeligen Familie Mora Figueroa Dómeq. Am Acker arbeiten Tagelöhner_innen aus dem Dorf ohne Maschinen. Hier wird so weit das Auge reicht ökologischer Landbau betrieben. 34 Euro für sieben Stunden Handarbeit am Feld. „Sozialversichert, weil das sei in der Europäischen Union Vorschrift“, sagt Salustiano Gutiérrez. „Das ist der einzige Unterschied zu damals.“

Was folgte war ein Massaker der republikanischen Staatsgewalt an der Dorfbevölkerung. Die Menschen wurden verbrannt, erschossen oder mit Handgranaten in die Luft gesprengt.

"Sich erinnern heißt leben. Die Toten und deren Träume am Leben erhalten." Salustiano Gutiérrez vor dem Gedenkraum an das Massaker von Casas Viejas im Jänner 1933
„Sich erinnern heißt leben. Die Toten und deren Träume am Leben erhalten.“ Salustiano Gutiérrez vor dem Gedenkraum an das Massaker von Casas Viejas im Jänner 1933

Wie lebt so eine Dorfgemeinschaft nach einem solchen Ereignis, wird Salustiano Gutiérrez gefragt? „Mit viel Repression, viel Armut, viel Angst“, antwortet der Lehrer und Chronist Gutiérrez. „Und die Angst geht weiter, bis praktisch heute. Das waren tragische Vorfälle, die bis in die Gegenwart wirken.“

„In Spanien war der Faschismus nicht der Verlierer, sondern das System der Gewinner.“

1983 errichteten Anarchist_innen aus Sevilla ein Memorial. Am Dorfplatz, gleich bei der Kirche, dem einzigen Gebäude, das den Putsch der Faschisten ins heute überdauerte. Dann verschwand das Memorial aus dem Dorfzentrum. Am Ortsrand, bei der Bushaltestelle, neben PKW-Parkplätzen tauchte es wieder auf. Der Diktator und Massenmörder Francisco Franco benannte Casas Viejas in Benalup um. 1998 beschloss die Kommune sich vom faschistischen Erbe zu befreien. Benalup heißt nun Benalup-Casas Viejas. Für die Faschos bleibt Benalup Benalup. Unverhohlene Neo-Nazis und Post-Franquisten sitzen seit 2019 wieder in der andalusischen Regionalregierung.

Es gibt allen Grund Angst zu haben.

Zum Nachlesen und -schauen:

Der Blog von Salustiano Gutiérrez https://historiacasasviejas.blogspot.com
Los sucesos de Casas Viejas: crónica de una derrota, Salustiano Gutiérrez (Beceuve, 2017)

Der US-Anthropologe Jerome Mintz besuchte 20 Jahre lang Casa Viejas. Mit über 5.000 Fotos, Tondokumenten und Büchern dokumentierte er seit 1965 das Leben Anarchist_innen von Casas Viejas: Jerome R. Mintz (2006). Los anarquistas de Casas Viejas. (The Anarchists of Casas Viejas, Chicago, 1982). Cádiz: Diputación de Cádiz

Foto eines Fotos: Jerome Mintz, der immer verfolgt von den Franco-Faschisten, mit den Anarchist_innen von Casas Viejas Kontakt hielt. Das Foto zeigt fünf Kinder im Vordergrund mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken. Dahinter steht eine junge Erwachsene mit einem geflochtenen Korb, der mit einer Hand von der Schulter bis über den Nacken getragen wird. Das monochrome Bild vermittelt den Eindruck eines harten und ärmlichen Lebens. Die Position des Fotografen ist so gewählt, dass die Kamera nach oben blickt und gibt den Kindern Würde und zeigt Respekt.
Foto eines Fotos: Jerome Mintz, der immer verfolgt von den Franco-Faschisten, mit den Anarchist_innen von Casas Viejas Kontakt hielt.

Von der großzügigen Agrarförderung (GAP) der EU profitieren zum überwiegenden Teil nicht Kleinbäuer_innen. Aus Gründen des ‚Datenschutzes‘ gibt es seit Jahren keine Angaben mehr wie viel öffentliche Gelder zur Förderung der sozialen Hängematte der Vermögenden aufgewendet werden. https://elpais.com/diario/2007/07/16/andalucia/1184538132_850215.html

Hier ein aktueller Beitrag der anarchistischen Website todoporhacer.org:

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In der kleinen Stadt Casas Viejas bei Cádiz fand im Winter 1933 eine der blutigsten und grausamsten Episoden der Zweiten Spanischen Republik vor dem Bürgerkrieg statt. Dieser historische Artikel möchte diese Ereignisse zusammenbringen, um das kollektive Gedächtnis der Menschen, die gegen den Kapitalismus kämpfen, in der Zeitgeschichte zu beleuchten.

Die Ereignisse zwischen dem 10. und 12. Januar 1933 sind als das Massaker von Casas Viejas in die Geschichte eingegangen, das mit der harten Repression gegen die Tagelöhner_innen in Cádiz die gesamte spanische Gesellschaft schockierte und eine enorme politische Krise in der Regierung von Manuel Azaña auslöste, die zahlreiche politische Unterstützer_innen verlor und Monate später zum Sturz der republikanisch-sozialistischen Regierung führen sollte.

Historischer Kontext: Zweite Spanische Republik

Am 14. April 1931 hatte die Zweite Spanische Republik begonnen, ein politisches Regime, das zusammen mit der deutschen Weimarer Republik einzigartig in Europa war und die Rezepte der Sozialdemokratie in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg in die Tat umsetzte. Die republikanische Regierung setzte einige Maßnahmen in die Praxis um, die versuchten, ein befriedendes bürgerliches politisches Projekt mit einer reformistischen und progressiven Tendenz zu etablieren. Auf der einen Seite beruhigte sie die revolutionären Bestrebungen der zahlreich organisierten und gewissenhaften Arbeiter_innenklasse, auf der anderen Seite stoppte sie die autoritären und reaktionären militaristischen und faschistischen Prozesse und gab eine versöhnliche Regierung für die Mittelschichten vor.

Der spanische Anarchismus, der im Wesentlichen durch die CNT-FAI repräsentiert wurde, fand zunächst Gefallen an den neuen Freiheiten, die die Republik bot, um angesichts der entthronten Monarchie von Alonso XIII. oder der Diktatur von Primo de Rivera libertäre Aktivitäten zu entwickeln. Die Anarchist*en begannen jedoch bald, der bürgerlich orientierten Republik zu misstrauen, die Rechtsreformen versprach, die nicht den Erwartungen des Volkes entsprachen und die in der spanischen Gesellschaft verwurzelten Ungleichheiten verewigten. Ein gutes Beispiel dafür ist das vom Minister Marcelino Domingo geförderte und im September 1932 verkündete Agrarreformgesetz, das schon bald Tausende von Landarbeiter_innen zu enttäuschen beginnt, da die Versprechungen über die gerechte Verteilung von Land aufgrund der faktischen Macht der Großgrundundbesitzer nicht erfüllt werden.

Ende 1932 entschied sich die anarchistische Bewegung für den Weg des Aufstandes und setzte das um, was der katalanische Libertäre Joan García Oliver als „revolutionäre Gymnastik“ bezeichnete. Am 8. Januar 1933 wurde ein Generalstreik ausgerufen, aber dieser generalisierte Aufstand fand keine große Beachtung. Die Armee und die Guardia Civil nahmen strategische Positionen an Orten ein, an denen Unruhen erwartet wurden, und die Anführer der Anarchist_innen wurden verhaftet. Über einige Zusammenstöße mit den Ordnungskräften und Barrikaden in Barcelona und Aufstände in aragonesischen, valencianischen und andalusischen Dörfern hinaus konnte eine soziale Revolution nicht erweckt werden. Die CNT erkennt an, dass die Emanzipation des Volkes von einer besser koordinierten und breiteren Organisation gewährt werden muss.

Aufruhr in Casasviejas, der Trauermond wurde angezogen

In der Provinz Cádiz gab es einige lokale anarchistische Komitees, die Landarbeiter_innenaufstände anführten, speziell in der kleinen Stadt Casas Viejas, in der Nähe von Medina Sidonia, begann in der Nacht des 10. Januar und am nächsten Morgen eine Gruppe von Bauern, die der CNT angeschlossen waren, einen Aufstand in der Stadt. Am Morgen des 11. Januar umzingelten sie mit Schrotflinten und Pistolen bewaffnet die Kaserne der Guardia Civil, in der sich ein Feldwebel und drei Wachen aufhielten. Nachdem sie im Namen des libertären Kommunismus die Kapitulation gefordert hatten, kam es zu einem Schusswechsel, bei dem der Feldwebel und ein Guardia Civil schwer verwundet wurden und am nächsten Tag starben. Sofort übernahmen die Anarchist*en der Gemeinde das Rathaus, um die Eigentumsregister der örtlichen Grundbesitzer zu beseitigen, sowie die Organisation der Landbesetzung für die Bevölkerung zu beginnen.

Am Vormittag jenes 11. Januar trifft jedoch die Nachricht ein, dass ein Trupp von zwölf Guardia Civil unter dem Kommando von Sergeant Anarte aus Medina Sidonia eintrifft, der die Guardia Civil in der Kaserne befreit und die Stadt übernimmt. In Jerez de la Frontera wurde eine von der republikanischen Regierung entsandte Kompanie der Sturmgarde unter dem Kommando von Hauptmann Manuel Rojas darüber informiert, dass die Telefonleitung in Casas Viejas gekappt worden war. Eine Gruppe von zwölf Sturmwachen und vier Zivilwachen unter dem Kommando von Leutnant Gregorio Fernández Artal brach am Nachmittag auf, um die bereits in der Stadt postierten Zivilwachen zu verstärken. Aus Angst vor Repressalien flohen viele Bewohner_innen und andere schlossen sich in ihren Häusern ein, aber das neu eingetroffene Kommando der Sturmwache begann, die mutmaßlichen Täter* des Angriffs auf die Kaserne der Guardia Civil zu verhaften, darunter Manuel Quijada, den sie angeblich gesehen hatten, wie er auf die Guardia Civil schoss. Nach Schlägen und Folter beschuldigten zwei Nachbar_innen die Familie von Francisco Cruz Gutiérrez, im Dorf als „Seisdedos“ bekannt, einem zweiundsiebzigjährigen Köhler, der mit seinen Kindern und mit seinem Schwiegersohn im Lokal der anarchosyndikalisten Gewerkschaft CNT im Dorf verkehrte.

Der „Seisdedos“ hatte sich mit seiner Familie in sein Haus geflüchtet, eine Lehm- und Steinhütte mit Strohdach. Als sie sich in die Enge getrieben sahen und die Ordnungskräfte versuchten, die Tür aufzubrechen, verteidigten sich die Bewohner_innen mit Schüssen und ein Wachmann fiel tot um. Noch in derselben Nacht traf eine Einheit von vierzig Sturmtruppen in der Stadt ein, unter dem Kommando von Hauptmann Manuel Rojas, der vom Madrider Sicherheitsdirektor Arturo Menéndez den Befehl erhalten hatte, von Jerez aus den Aufstand im andalusischen Hinterland zu beenden, indem er „ohne Gnade das Feuer auf alle eröffnete, die auf die Truppen schossen“. [Anm.: Nach anderen Quellen lautete der Befehl ‚Weder Gefangene, noch Verletzte‘. https://www.cgtandalucia.org/blog/5856-Casas-Viejas.html]

Hauptmann Manuel Rojas, gab im Morgengrauen den Befehl, grausam auf die Hütte zu schießen, in der die Familie der „Seisdedos“ Schutz suchte, und sie dann in Brand zu setzen. Außerdem wurden zwei der Bewohner_innen, die vor dem Feuer flohen, erschossen und sechs weitere Personen verbrannten in der Hütte, darunter der „Seisdedos“ selbst, seine beiden Söhne, sein Schwiegersohn und seine Schwiegertochter. Die einzige Überlebende war seine sechzehnjährige Enkelin, Maria Silva Cruz, bekannt als „La Libertaria“, die es schaffte, ihr Leben zu retten, indem sie die Hütte mit einem Kind im Arm vor dem Feuer verließ. An diesem Morgen schickte Hauptmann Rojas ein Telegramm nach Madrid, in dem er verkündete, dass der Aufstand niedergeschlagen worden war. Er befahl auch drei Patrouillen, die prominentesten Militanten in der Stadt nach Hinweisen der örtlichen Dorfvorsteher (caciques) zu verhaften und jeden zu erschießen, der sich widersetzte. Die zwölf verhafteten Personen wurden in die ausgebrannte Hütte gebracht und vor den toten Anführer der Guardia Civil gestellt. Danach gab Hauptmann Rojas die Anordnung zur kaltblütigen Tötung der Gefangenen. Ein paar Stunden später verließen die eingesetzten Ordnungskräfte das Dorf, das Massaker war mit neunzehn toten Männern, zwei Frauen und einem Kind beendet.

Mündliches Zeugnis der überlebenden Enkelin von „Seisdedos„, über die Ereignisse, die sich in jener Nacht in der Stadt Cádiz abspielten:

„Als die Belagerung begann, war ich vor der Hütte. Eine zivile Wache trat an mich heran und sagte mir, dass ich eine Hure sei, dass wir an allem schuld seien und dass ich mir das Hirn wegpusten solle… Dann begannen sie, die in der Hütte zu beschimpfen. Sie forderten sie auf herauszukommen und sich zu ergeben, obwohl die Tür offen war. Es waren die Wachen, die sich nicht hineintrauten, weil sie feige waren. Also beschlossen sie, zu schießen und das Strohdach in Brand zu setzen. Wir hörten die Schreie der Menschen und sahen zu, wie die Hütte brannte. Ein schreckliches Heulen war zu hören. Man konnte auch das brennende Fleisch riechen. Da war überall Blut. Ein Horror!“

La Libertaria

Die Wahrheit über diese brutale Unterdrückung in Casas Viejas kam nur langsam ans Licht, da die Versionen, die von den an den Ereignissen beteiligten Ordnungskräften selbst gegeben wurden, zunächst widersprüchlich waren. Alle mittleren Offiziere und direkten Akteure des Massakers versuchten, sich angesichts der großen Tragweite der Ereignisse zu rechtfertigen, wobei der Direktor für Sicherheit in Madrid und die republikanische Regierung von Manuel Azaña als Ganzes die Hauptverantwortlichen waren.

Als die Fakten ein paar Tage später im Rest Spaniens bekannt wurden, kam es zu einem großen journalistischen und parlamentarischen Skandal, der die gesamte spanische Gesellschaft schockierte. Das rechte ideologische Spektrum, obwohl zutiefst einverstanden mit der eisernen Faust gegen die Anarchist*en, nutzte die Ereignisse in den Medien, um sich als Regierungsalternative in der Spanischen Republik zu erheben und versprach, dass mit ihnen Frieden und Ordnung gesichert wären. Ende Februar 1933 stimmte eine Mehrheit des Cortes (Anm.: Madrider Parlament) der Einsetzung einer Untersuchungskommission zu den Ereignissen zu. Am 15. März legte die Kommission einen Abschlussbericht vor, in dem sie die Existenz der Erschießungen einräumte, aber die Regierung entlastete. Obwohl die Regierung von Manuel Azaña diese parlamentarische Untersuchung überstanden hatte, konnte sie diesen Skandal politisch nicht wegstecken. Der Vertrauensverlust bei der spanischen Mittelschicht war entstanden. Im November 1933 gewann die radikal-konservative Koalition die Wahlen und damit begann das sogenannte rechte Biennium der Spanischen Republik.

Die Gewerkschaft CNT startete eine Kampagne gegen die Unterdrückung und die diktatorische Politik der republikanischen Regierung und forderte die Freilassung von Gefangenen und die Aufhebung von Gesetzen, die sich gegen die Grundfreiheiten richteten, wie das Gesetz zur Verteidigung der Republik vom April 1932, das oft gegen die Aktivitäten der Arbeiter_innenklasse eingesetzt wurde. Nach der Repression in Casas Viejas wurde innerhalb des spanischen Anarchismus eine intensive Debatte über die möglichen Wege zur Beseitigung des Kapitalismus eröffnet. Der Aufstieg der revolutionären Ideen unter den breiten Massen (clases populares) hat seinen praktischen Ausdruck in der Revolution von Asturien 1934, einer Warnung der Arbeiter_innen, dass der libertäre Kommunismus nicht so weit entfernt ist, wie es scheint. Der Staatsstreich vom Juli 1936 richtete sich nicht gegen die republikanische Regierung, sondern gegen die sich erfüllenden Erwartungen der Arbeiter_innenbewegung, in denen die Militärs und Bourgeois die reale Gefahr sahen.

Mehrere Jahrzehnte lang waren die Ereignisse in Casas Viejas eine wenig bekannte historische Tatsache. Sie wurde während der Franco-Zeit versteckt, geriet in Vergessenheit und wurde durch das selektive Auslassen in den Berichten von Zeitzeug_innen, zu einem vollständigen Tabu. Dieses Schweigen wurde von den Institutionen erzwungen, die landarbeitende Bevölkerung von Casas Viejas schwieg aus Angst.“

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