EBI stellt sich gegen die Wasserwalze

Europäischen Bürgerinitiative "Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht"
Europäischen Bürgerinitiative „Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht“

Überall. Und deshalb auch im Homeland des Friedensnobelpreises.

In einem kapitalgetriebenen Europa ist die Erkenntnis, dass die Ressource Wasser und der Zugang zu ihr ein Menschenrecht darstellen, offenbar noch nicht bis zur Kommission vorgedrungen. Doch bereits 2010 befand die Generalversammlung der Vereinten Nationen in einer Resolution, dass Wasser und eine sanitäre Grundversorgung ein Menschenrecht sind.

Europäische Kommunen stehen nach den wohlfeilen Ratschlägen überaus hilfsbereiter Finanzierungsberater_innen vor dem finanziellen Kollaps. Frei nach dem Ur-Wiener Motto „Verkauft’s mein Gewand, ich fahr‘ in den Himmel“, werden die Gemeingüter verhökert, wo geht. Und vor allem: Wo kein Widerstand sich regt.

Die Strategie ist altbekannt, Leser_innen dieses Blogs werden es schon leid sein: Sachzwänge schaffen, das scheinbar Unvermeidliche, Schicksalhafte muss in die Köpfe gehämmert werden, die – auch mentale – Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, bis ein ohnmächtiges Sich-fügen und ein resignatives ich-kann-das-ohnehin-nicht-ändern sich einstellt. Die Glücklichen, die von den Zwängler_innen noch verschont werden, können darauf hinweisen, dass die Sachzwänge selbst verursacht seien und deshalb diese Schritte erforderlich machen, dass es nicht die Aufgabe der Öffentlichkeit sei, sich um alles zu kümmern und am Ende des Tages die Allgemeinheit mit günstigen Preisen von Marktoligopolist_innen bedankt wird.

Als ich vor gut zehn Jahren von einem Weltsozialforum nach Wien zurück kehrte, hatte ich ein geflügeltes Wort parat, das so ging: Der Süden ist die Bühne, wo der reiche Norden seine Probe hält. Dieser Satz enthält mehr Pessimismus als den meisten politischen Menschen zumutbar ist und hob die Laune in meiner Umgebung ad hoc und im qualitativen Gegensatz zu zeitgeistigen ökonomischen Versprechungen immer nachhaltig.

Hätte ich diesen persönlichen Kalauer nicht längst vergessen, würde ich ihn auch noch heute laut hinaus posaunen. In der Überzeugung, dass er seine Richtigkeit behalten hat.
Die Koordinaten stimmen freilich nicht mehr, der Bezugsrahmen hat sich drastisch verändert. Nicht mehr Weltmeere sind die Trennstriche der Bipolarität, sondern die europäische Topographie, die durch das stetige Schieben der Afrikanischen Platte, jährlich Zentimeter um Zentimeter in die Höhe gedrückt wird.

Gelacht wird nicht mehr viel, in diesen letzten Tagen der europäischen Gemeinsamkeit.

Wenn der Europäische Gewerkschaftsbund am 14. November zu Demonstrationen gegen die Austeritätspolitik, gegen die Pauperisierung von Millionen jungen Menschen, Frauen, Sans Papiers, die in Europa leben, aufruft, weil die Walze weiter rollt, dann setzt der Dachverband der Österreichischen Gewerkschaften ÖGB ein beeindruckendes Zeichen: Wer möchte, darf eine Postkarte unterschreiben, gezeichnet mit solidarischen Grüßen an die Verdammten dieses Europa. Der ÖGB übermittelt die Karten an die griechischen Kolleg_innen, falls diese dann nicht verhungert, im polizeilichen „Gewahrsam“ oder ausgewandert sind.

Das ist eine nette Geste hiesiger Gewerkschafter_innen, die, anzunehmen, engagiert mehr tun wollten, wenn die Basis…

Die radikalisierte Basis, die zum Beispiel in der Sozialistischen Linkspartei (SLP) aktiv ist, und seit Jahren für eine „kämpferische Gewerkschaft“ eintritt, will den 14N dafür „nutzen“, gegen Nulllohnrunden in Bund und Ländern zu demonstrieren. Internationale Solidarität mit nationalem Fokus. Eine klassenkämpferische Heimatpartei also?

Bevor die Wasserwalze den Alpenhauptkamm überrollt

Eine der vielen Auflagen der EU-Troika zwingt Griechenland seine Wasserversorgungsbetriebe an Private zu verkaufen. Vorsichtig gemacht, könne es der griechischen Bevölkerung viel Vorteile bringen, schreibt die EU-Kommission an die NPO Food & Water Watch. Damit setzt sich die Kommission möglicherweise über geltendes europäisches Recht (Einfluß auf System der Eigentumsrechte) hinweg, schreibt Manuel Frick in der Schweizer WOZ (Ausgabe 44). Und wohl auch über empirische Daten aus Lateinamerika, über Stockholm bis nach Berlin:  Die räuberische Wasser-Privatisierung.

In Griechenland geht es aber nicht nur um die Privatisierung der Wasserversorgungsunternehmen. Die Wasserreservoirs in den Bergen haben verschiedene strategisch bedeutsame Funktionen: Sie sind Trinkwasserspeicher in den trockenen Mittelmeersommern, werden für die Bewässerung landwirtschaftlich genutzter Flächen verwendet, sind Reservoir bei der Bekämpfung von Bränden und erzeugen elektrischen Strom.
Wer in diesem semiariden Land das Wasser kontrolliert, erobert die Kontrolle über weite Gebiete des Beinahe-Failed-States.

Die Wasserprivatisier_innen haben einen langen Arm

Bereits im Jahr 2009 wurde auf www.uebersmeer.org als Resumee über das 5. Weltwasserforum ein privater Wassermanager mit den Worten zitiert: „Easy water is over.“ Und im Vorfeld wurden ebenfalls auf www.uebersmeer.org über die (Übernahme-)Absichten der neuen Wasserbarone geschrieben. Und ein Jahr zuvor wurde auf www.uebersmeer.org ein Statement des Polar Institutes zitiert, in dem die Befürchtung geäußert wird, dass mit den EU-Verträgen von Lissabon der Wasserprivatisierung Vorschub geleistet werden soll.

Die Wasserprivatisier_innen haben einen langen Atem.

Was tun, frage ich meine strudelbegeisterten Quellgeister.
„Nach unten ziehen lassen, in der Tiefe verliert der Strudel seine Kraft und wird ein Apfelstrudel.“

Europäische Bürger_innen Bürgerinitiative:

Die Europäische Bürger_inneninitiative sammelt Unterschriften, um die Privatisierung des Gemeinguts Wasser in der Europäischen Union zu verhindern.

Die drei Hauptforderungen der Europäischen Bürger_inneninitiative „Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht“ lauten:

  • Garantierte Wasserversorgung und sanitäre Grundversorgung für alle BürgerInnen der Europäischen Union.
  • Menschenrechte vor Marktinteressen. Keine Liberalisierung der Wasserversorgung.
  • Globaler/universeller Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung für alle.

Link:
http://www.right2water.eu Website der Europäischen Bürger_inneninitiative „Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht“


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