Entwaffnet die Polizei!

Im Krieg verboten, der Polizei erlaubt: Pfefferspray ist eine Chemiewaffe.
Im Krieg verboten, der Polizei erlaubt: Pfefferspray ist eine Chemiewaffe.

Die effektivste Organisationsform für militante Organisationen wie Heer oder Polizei sind Kader. Wesentliche Merkmale von Kadern sind ein transparentes, dogmatisches Regelwerk auf der formalen Ebene und die starke Identifikation mit der Gruppe, die an Stelle des Individuums tritt. Sie nennen es Geist, Corpsgeist. Der ist ein schwerwiegendes Problem (zum Nachhören ein Interview mit Manfred Nowak, ca. ab 18:10 http://www.elisabethdoderer.com/?q=node/42 bzw. hier ab 3:58 http://www.elisabethdoderer.com/?q=node/43)

Aus dem Umfeld der Grünen wird nach den Ausschreitungen der Polizei gegen antifaschistische Demonstrant_innen ein anderes Problem ausgemacht und erheben die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht von Polizist_innen. Diese entspreche den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit wird argumentiert. Manche Grüne* erheben also eine politische Forderung, die in einem Rechtsstaat, wie sie sagen, sowieso der Fall sein müsste.

An die Frage nach rechtsstaatlichen Prinzipien knüpfen sich zwingend einige andere Fragen:
Wieso gibt es dann keine Kennzeichnungspflicht für Polizist_innen? Ist es ein Mangel des Rechtsstaats, der über Jahrzehnte niemandem* auffiel? Ist ein fehlender systemrelevanter Bestandteil Indiz dafür, dass möglicherweise noch andere eklatante Mängel vorhanden sind? Wie steht es beispielsweise um den gleichen Zugang zum Recht? Gibt es bestimmte Merkmale, die dazu führen, dass manche Menschen bevorzugt Polizeikontrollen unterworfen werden oder in den Knast gehen? Gibt es systematische Unterschiede bei der Würdigung von Aussagen von Polizeibeamt_innen und Beschuldigten/Zeug_innen bei Gerichtsverfahren bzw. im Verwaltungsstrafrecht? In welcher Verbindung steht der Rechtsstaat mit kaderähnlichen Strukturen wie Akademikerverbänden, „Charity“organisationen, (pseudo-)religiösen Gemeinschaften. Erreichen personelle/institutionelle Verflechtungen ein Ausmaß, das die Rechtsstaatlichkeit bedroht?

Abgesehen davon, dass mit der Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamt_innen eine grundsätzliche Frage nach dem Zustand des Staates halbherzig und rein wahltaktisch formuliert wird, verstellt sie den Blick auf substanzielle Fragen im Zusammenleben eines Staates mit den auf dem Staatsgebiet zeitweilig oder permanent Ansässigen.

  • Möchte der Staat ein Verbotsgesetz für Äußerungen, die auf die persönliche Integrität und Unversehrtheit anderer Menschen abzielen oder geschehene Verbrechen verherrlichen? Falls ja, Forderung: Verbotsgesetz modernisieren, auf Grundlage eines zeitgemäßen Extremismusbegriffes (Stichwort: Diskriminierung).
  • Möchte der Staat eine Polizei, die ihre Arbeit im Rahmen zivilisatorischer Standards erledigt? Falls ja, Forderung: Ersatzlose Auflösung aller Riot Police-Einheiten. Generelles Verbot von Chemiewaffen und allen sogenannten nicht letalen Waffen, Verbot des Missbrauchs von Tieren als Waffe. Verbot von Agents Provocateurs (auch von ausländischen Geheimdiensten), Vermummungsverbot für Polizist_innen.
  • Möchte der Staat kein Polizeistaat sein? Falls ja, Forderung: Sofortige Beendigung anlaßloser Überwachung (auch durch ausländische Geheimdienste), transparente Kontrolle von Polizeieinsätzen (Stichwort: Open Data).

Schon klar, solche Forderungen sind weder einfach noch schnell umzusetzen. Aber sie geben eine politische Richtung vor und sie sollten selbstverständlicher Grundkonsens des 21. Jahrhunderts sein. Regeln, die für das Zusammenleben zwischen Menschen gelten, müssen auch für das Zusammenleben eines Staates mit den Menschen gelten. Wenn ein Staat das Gewaltmonopol beansprucht, ist dafür Sorge zu tragen, dass Willkür und politische Motivation ausgeschlossen sind. Kein Staat der Welt hat das Recht seine Einwohner_innen wegen devianter Meinungen zu erniedrigen, physisch und psychisch zu bedrohen oder gar zu verletzen, ihnen die Freiheit zu rauben.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

Aufruf

Unsere Solidarität gegen ihre Repression, Kundgebung gegen Polizeigewalt und Kriminalisierung von antifaschistischem Protest: Donnerstag, 22.05., 18.00 beim Museumsquartier.

http://zeit.diebin.at/events/465

Link:

Nachrichten auf Orange 94.0, dem Wiener Freien Radio, eine Studiodiskussion zur Blockade und dem Polizeieinsatz http://cba.fro.at/259819

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